Fotos: RECONSTRUCTING A PERFORMANCE,
in der Ausstellung Bad Painting - good art,
Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Oktober 2008
DAS GEHEIMNIS SEINES ERFOLGS oder
Was
passierte wirklich in der Staatsgalerie Stuttgart
Meine Begegnung mit André Butzer bei der Ausstellung "HeissKalt", Mai 2004
"Der Abdruck dieses Schriftstücks wird manchen Lesern an dieser Stelle nicht unwillkommen sein; es gibt eine authentische Vorstellung von dem Ideenkreis, den Tendenzen und Streitfragen, welche die zeitgenössischen Maler bewegt. Am Schluss der einleitenden Darlegungen über das kulturelle Leben in Stuttgart und die Bewegungen im künstlerischen Schaffen Deutschlands, gibt der Verfasser hier eine reizvolle Zusammenfassung in Form eines Gesprächs, wie es zu dieser Zeit bei literarischen Behandlungen künstlerischer Fragen besonders beliebt ist. Wer etwa die italienischen Kunstdialoge des sechzenten und siebzenten Jahrhunderts kennt, wird diesen Text mit größtem Genuss lesen - es ist einer der köstlichsten Früchte lebendiger Geschichts-Vorstellung." (Zitiert nach: Carl Justi: Velazquez, Leben und Werk, 1888)
Erste Reaktionen nach meiner Begegnung mit André Butzer:
"Dein Auftritt in der
Staatsgalerie hat mir völlig aus der Seele gesprochen und auch
dein Gedicht hat mir sehr gut gefallen. Man muss denen zeigen,
dass wir
uns nicht alles gefallen lassen!" (Kunststudentin aus Stuttgart)
"Das war wirklich
mutig von dir. Das musste mal gesagt werden." (Mitarbeiterin der Staatsgalerie Stuttgart)
"Vielen Dank, für Ihren Auftritt. Der hat mir aus
der Seele gesprochen. Das musste mal gesagt werden. Diese
Selbstdarstellung von André Butzer ist unerträglich. Ich habe
das Gefühl, als wären die Studenten heutzutage viel zu angepasst.
Als ich studiert habe, war das noch nicht so. Ihr Auftritt hat
mir sehr gut gefallen. Weiter so!" (Dame
aus dem Publikum)
"Ich konnte kaum glauben, dass du das gesagt
hast! Klasse! Endlich wurde mal ausgesprochen, was alle gedacht
haben!" (Künstler und ehemaliger Student der
Kunstakademie)
"Das war so peinlich für
uns! Dein Auftritt wirft ein schlechtes Licht auf uns!" (Gruppe von Studentinnen aus meiner ehemaligen Klasse der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart)
"Nachdem
die ersten Emotionen nach dem Künstlertreffen etwas abgeklungen
sind, glaube ich doch, dass es, alles in allem, ein gelungenes
Künstlergespräch war. Ich glaube, dass der André Butzer gar nicht
so dumm ist, wie er tut. Ich glaube, er ist eigentlich sehr intelligent
und nimmt mit Absicht diese antiintellektuelle Haltung ein." (Prof. Dr. Huber - an die Teilnehmer
des Kunstgeschichte-Seminars 'Paint it Black' gerichtet)
"So was würde ich mir nicht noch
einmal erlauben, sonst sind Sie bei den Leuten unten durch. Einmal,
höchstens zweimal, aber ein drittes Mal darf man sich so etwas
nicht mehr erlauben." (Herr
Huber - mit mir unter vier Augen)
TEIL I
Drei Wochen zuvor am 26. April, 22.58 Uhr.
In meinem Postfach eine eMail von Herrn Huber, Professor für
Kunstgeschichte:
Liebe teilnehmerinnen des Proseminars 'Paint it
Black'[...] am freitag, den 30. april um 20h findet im kunstverein
Heilbronn (www.kunstverein-heilbronn.de) eine ausstellungseröffnung
von André butzer, einem jungen shooting-Star der Malereiszene, der
auch in der sammlung scharpff vertreten ist. [...] Am Donnerstag,
den 6. Mai um 18.30h ist dann wiederum in der Staatsgalerie ein
Künstlergespräch mit André Butzer[...]
Mit herzlichsten Grüssen Hans
Dieter Huber
Butzer? Butzer. Ach ja, diesen Namen habe ich doch
schon mal irgendwo gehört, aber wo? Genau! In der Staatsgalerie
Stuttgart! In dieser "Jahrhundert"-Ausstellung 'HeissKalt'. Ein
oder zwei Bildchen hingen dort von ihm.
***
Einige Tage später, bei
einem zufälligen Treffen mit dem immer freundlichen und gut
gelaunten Professor Huber wurde ich von ihm in ein Gespräch über
Butzer verwickelt. Ich musste gestehen, dass ich Butzer völlig
uninteressant fände, worauf der Kunsthistoriker mir erstaunt, aber
doch bestimmt erklärte: "Als ich ihn das erste Mal sah, dachte ich
auch: 'Öh, häh?! Was ist denn das?!' Aber ich habe dann das Werk
angeschaut und ja - nach einem halben Jahr, malerische Qualitäten
entdeckt..." Und ja, das Thema Butzer ist wie schlechtes Essen - es
kommt immer wieder hoch, so auch in der nächsten Seminarstunde. Der
Professor für Kunstgeschichte plauderte wieder ein wenig mit uns
Studenten: " André Butzer, das ist DER Shootingstar am Kunsthimmel!
Ich glaub' er ist erst 26 Jahre alt oder so. Er wird jetzt als DAS
neue Genie gehandelt! Man kann gar keine Bilder mehr von ihm
bekommen, die sind alle schon auf Jahre ausverkauft!" Ja, nach
solchen lobpreisenden Worten wurde meine Neugier und ein Hauch
professionellen Neids dann doch geweckt. Zu Hause begann ich sofort
mit meinen Recherchen. Im Internet fand ich die ersten
Informationen. Und gleich am Anfang schon die erste Enttäuschung:
Seine Biographie. Schade, die erste Information aus dem
Kunstgeschichtsseminar war wohl nicht ganz richtig. Der aufgehende "
Stern" war gar nicht so jung, sondern immerhin Jahrgang '73. Er
wurde in Stuttgart geboren, studierte ein Jahr auf der 'Merz
Akademie'. Er ging dann noch im selben Jahr nach Hamburg, in die
"Sternenfabrik" - 'Hochschule für Bildende Künste'. Zusammen mit
einigen anderen "Künstlern" ähnlichen Kalibers, organisierte Butzer
nur ein Jahr später die Gruppe 'Isotrop', die sich auch anmaßend als
Akademie bezeichnete. Die Hauptbeschäftigung der "Akademiker"
bestand darin, viel Lärm um ihre eigene Person zu machen. Also viel
Lärm um nichts. 1999 ging diese "revolutionäre" Akademie unter
- viele ihrer Mitglieder jedoch stiegen auf...
Und nun zu Butzers Künstlerei
Für den einfachen
Betrachter bietet Butzer sprachliche Hilfestellungen. Die
Titelgebung ist also erschütternd passend, wie es sich für ein Genie
gehört:
" HuHu-Frauen", "Blumm Blumm-Serie", "Todall" - die
anderen "Tralalas" möchte ich hier nicht alle aufzählen. Zusätzlich
schreibt das Multitalent aber auch noch Texte und Gedichte mit
Titeln wie "Heckel und seine drei Scheißhaufen", "Weezer in
Annaheim" oder "Hasengulasche". Leider kam ich nicht in den vollen
Genuss alle Texte zu lesen, da einige dieser Seiten sich
merkwürdigerweise nicht aufrufen ließen.
Ich sehe mich kaum in
der Lage in eigene Worte zu fassen, was ich sehe - das ist nur
etwas für äußerst erfahrene Kunstkritiker und -spezialisten. Trotzdem
werde ich es versuchen: Große Bilder. Traurige grüne Tannenbäumchen,
daneben rote Häusle - ebenfalls traurig. Aha, ich verstehe, der
Künstler wollte damit wohl zeigen, dass Ziegel rot, Tannenbäumchen
aber grün sind. Weiter gibt es auch pfannkuchenähnliche Figuren mit
Pfannkuchenaugen, die dem Betrachter geradewegs in die Tiefe der
Seele zu blicken scheinen. Dann gibt es auch eine Art Skelettwesen,
die traurig und böse sind, denn sie haben keine Genialien -
logischerweise. Manch andere dagegen sehen sehr froh aus, weil sie
überproportional große Genialien haben (fragt sich nur was der Maler
mit dieser ganzen Genialien-Malerei kompensieren will). Ach! Man
kann Butzers Künstlerei eigentlich nicht beschreiben, man muss
sie gesehen haben!
Das wahrlich stolze
Ausstellungsverzeichnis war im Gegensatz zum "Oeuvre" überzeugender
und ließ keine Langeweile aufkommen: Tatsächlich hatte der
"Shootingstar" bereits zahlreiche Präsentationen (mit bescheidenen
Titeln, wie z.B. "Ich bin Munch") gehabt. Diese eindrucksvolle Liste
schien seinen Anspruch auf Genitalität zu bestätigen. Seine
künstlerische Karriere war beispielhaft, der Aufenthalt in Hamburg
hatte Früchte getragen! Butzer hatte einige weniger wichtige
Ausstellungen, z.B. in einem Studentenclub in der amerikanischen
Provinz. In den letzten Jahren hatte er sich aber zu den wirklich
renommierten Galerien wie 'H&A' (Hammelehle und Ahrens) oder dem
Stargaleristen Hetzler aus Berlin vorgearbeitet. Dank einer gut
funktionierenden Vernetzung von Galeristen konnte er sich eine lange
Liste von wichtigen Ausstellungen anschaffen. Diese namhaften
Galeristen besorgten dann auch die nötige Presse. Hetzler besorgte sogar
einen Artikel in der Zeitschrift 'Art in America'. Auch anderswo
versuchte man dem Leser einzuhämmern, dass dies eine "
hochqualitative" Kunst sei.
Sensationell! Deutschland hat einen
neuen Superstar! Den "Küblböck der Kunst". Aber von wem wird dieses
Talent noch gefördert, außer von den Galeristen? Wer steht eigentlich
hinter diesem "Küblböck"? Wer gießt liebevoll dieses zarte
Pflänzchen, so dass es in seiner vollen Pracht erblühen und überall
seinen Samen versprühen konnte? Wer ist hier der "Dieter Bohlen"?
Nach einigen Recherchen war die Antwort gefunden: Albert Oehlen!
(Sorry wegen dem zufälligen Reim) Butzer ist Freund und quasi
Ziehsohn von Albert Oehlen. Von den Gebrüdern Oehlen wurde er gut
betreut. Mit ihnen hatte er gemeinsame Ausstellungsprojekte, mit
Albert Oehlen nahm er Liedchen auf oder führte hochintellektuelle,
tiefsinnige Gespräche.
Hier ein Auszug aus einem gemeinsamen
Gespräch zwischen Albert und unserem André:
Ö : Also soll das
heißen, dass die Menschheit sich deine Bilder ans Bein schmieren
kann. So eine Art Leck-mich-am-Arsch-Haltung. Damit kommst du aber
nicht weit, hör mal! Irgendwann willst du zurück in die menschliche
Gemeinschaft, wegen ihrer Wärme.
B: Nein, ich bin aus der Zukunft
gekommen, so wie die Kinder aus der Zukunft gekommen sind. Dort
habe ich die Reste studiert und aufgezeichnet. Es sind die schönsten
Reste, die ich für das Publikum von heute mitgebracht habe, und
die ich dann wie reizende Schablonen ausmale. [...]
B: Das Publikum
ist schön blöd, eigentlich wollten sie sich für Skulpturen
interessieren, aber die Malerei ist dazwischen gekommen. [...]
B:
Ich habe Besuchern vor der Ausstellung Karotten in die Hand gegeben,
um sie als Osterhasen und Nagetiere vor die Gemälde zu platzieren.
In die Karotten haben wir vorher scharfe Rasierklingen reingemacht.
Ich will ein Massenpublikum haben, keine Frage. [...]
B: Ich habe
ein ganzes Jahr für Rebellen irgendwo in Südamerika gemalt, aber nur
abstrakt. Alle dachten, ich bin Meteorologe, aber für schlechtes
Wetter. Das Goethe-Institut will mich wieder buchen. Der Häuptling
der Rebellen wollte, dass ich ihn portraitiere. Nach sieben Tagen
Modellstehen begann ein endlos langes Sterben des Mannes. Sein Dorf
stellte sich selbst unter Quarantäne. Das Holz für ihre schönen
Särge war weich geworden, durch die viele pastose Farbe, die ich für
das Hinterteil des Häuptlings benötigt habe.
(Das ganze Interview
zu genießen auf
http://www.wendy-gondeln.de/Texte_Wendy/interview_B-Oe.html)
Welch'
kühne Gedanken! Nun wusste ich genug. Es gab gar keinen Zweifel mehr
an seiner Genitalität. Die erste Bekanntschaft mit diesem Genie gab
mir Impulse für eine Auseinandersetzung auf einer hohen
philosophischen Ebene. Wie das genau in der Praxis aussah,
das werdet ihr am Ende dieser Erzählung erfahren.
***
TEIL II
Maler Heute: André Butzer
Das "Künstler"-Gespräch oder mein Treffen mit dem "Künstler"
Der
Schauplatz der Handlungen ist der Vortragssaal in der Staatsgalerie
Stuttgart, es ist der 6. Mai 2004. Gesprächspartnerin ist Frau Prof. Dr. Inboden,
Kuratorin der Ausstellung 'HeissKalt' und stellvertretende
Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart. An den Wänden hängen zwei
großformatige Bilder von Butzer und warten auf die Begegnung mit dem
" Massenpublikum". Der Saal füllt sich nur langsam. Endlich. Der
Hauptdarsteller erscheint, auffallend bescheiden gekleidet (das
war
dann aber auch die einzige Bescheidenheit seinerseits an diesem
Abend). Frau Prof. Dr. Inboden und Butzer, der anscheinend ein
verpacktes Bild bei sich hat, setzen sich..
Prof. Dr. Inboden: Sie
haben ja im Moment sehr viel Erfolg, große Ausstellungen in den USA
und auch anderswo. Haben sie keine Angst, dass der Erfolgsdruck, der
auf Ihnen lastet, nicht zu groß werden könnte, so dass die Qualität
Ihrer Bilder, äh, Ihrer Kunst darunter leiden könnte?
Butzer:
Nein, nö.
Prof. Dr. Inboden (wohl etwas enttäuscht): Haben Sie
also nicht...
Butzer: Nö, ich mache im Jahr 40 Bilder und daran
wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
So begann also das "Künstler"-Gespräch... Ein Hauch von Langeweile ging im Saal umher. Ich
beneidete schon meinen Sitznachbarn der gerade sein Buch aufschlug
mit dem äußerst passenden Titel 'Wie man Geld macht'. Natürlich
werde ich nicht das ganze Gepräch wiedergeben. Im Groben aber ging
es um Bananenschalen auf denen man ausrutschen könnte, um
'Nasaheime' in denen die 'Friedens-Siemense' lebten und
Siemensmitarbeiter mit denen Butzer zusammen seine Bilder
produziert.
Ich werde, im Gegensatz, zu Frau Prof. Dr. Inboden
nicht näher darauf eingehen, sondern werde versuchen, so genau wie
möglich, nur einige wirklich "interessante" Stellen der Konversation
wiederzugeben.
Nach etwa 45 Minuten der langweiligen Farce,
beginnt Butzer das kleine Bildchen auszupacken und zeigt es dem
Publikum:
Hier eine Zeichnung nach meiner Erinnerung, die, so
wurde mir bestätigt, gut den Charakter des Bildes trifft: ; -)
Ein Lachen geht um. Die zwei anwesenden Fotografen,
sich gegenseitig anrempelnd, stürmen zum Podium um einen besseren
Blick zu bekommen - Butzer grinst schelmisch in die Kamera.
Alles
wartet.
Prof. Dr. Inboden: Können Sie mir das Bild
erklären?
Butzer (sichtlich gut gelaunt): Ja, also da ist eine
Katze, da ist ein Baum, da ist ein Mädchen und da ist ein
Schandemensch, das sind die bösen Menschen.
Prof. Dr. Inboden
(euphorisch): Das ist wohl der Tod und das Mädchen!
Butzer: Nö,
äh, vielleicht. Das sind Interpretationen, die später immer von
anderen dazu erfunden werden... Ach, ich wollte auch noch sagen,
jeder kann auch gerne nach vorne kommen und sich das Bild genauer
anschauen. Aber nicht alle auf einmal. Am besten in einer Reihe
aufstellen. Das großzügige Angebot wurde zur großen Enttäuschung des
Bildermachers nicht wahrgenommen. Niemand aus dem Publikum wollte zum
Podium stürmen um einen intimen Blick auf das Meisterwerk zu
bekommen. Und so ging's weiter:
Prof. Dr. Inboden: Vielleicht
können Sie auch noch die anderen Bilder hier im Raum erklären.
Mir ist aufgefallen, dass die Figuren oft keine Kontur haben.
Butzer
(zeigt mit dem Finger auf die im Saal hängenden Bilder): Ja, diese
Figur hat keine Kontur und diese hat eine.
Prof. Dr. Inboden:
Ach, interessant...
Prof. Dr. Inboden versucht nochmal neu
anzusetzen: Sie haben ja auch gesagt, "Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare."...
Butzer: Nö, ist nicht von
mir. Das hab` ich geklaut.
Prof. Dr. Inboden: Also Sie tragen die
Farbe ja immer sehr dick auf, fast wie, ähh, Kaugummi könnte
man fast sagen. Also unsere Restauratorin hat gesagt, sie wisse
gar nicht wie das gemacht ist, dass das hält. Äh, ist da Kaugummi
drin oder äh...?
Butzer: Ja, das sollte sie aber wissen, das ist
ihre Aufgabe! Nein, da ist kein Kaugummi drin. Also man kann Farbe
so aussehen lassen als ob das Kaugummi wäre.
Prof. Dr. Inboden: Ähm, ich habe mich wohl falsch ausgedrückt... Wie lange trocknet das
überhaupt?
Butzer: Keine Ahnung. Ist nicht wichtig. Das entzieht
sich unserem Einfluss, vielleicht 50 Jahre.
Prof. Dr. Inboden:
Sie sind ja in Stuttgart geboren. Ist das vielleicht der Grund
dafür, dass Sie so kreativ sind?
Butzer: Nein. Also das erste
Mal, als ich mich für Kunst interessiert habe, war als ich in
Hamburg war. Als ich in einem McDonalds saß und da hingen Bilder von
diesem Typen... ach, wie heißt der nochmal... Ähh..., ach ja -
Gerhard Richter.
Prof. Dr.Inboden (lacht etwas gezwungen): Ach,
ist ja interessant.
Butzer (kann sich sein Grinsen kaum
verkneifen): Ich finde man sollte in der Staatsgalerie einen
McDonalds eröffnen. Ich sehe keinen Grund, warum man das nicht
tun sollte. Das macht ja die Bilder nicht schlechter...
Hier erreichte das
Gespräch den Gipfel an Dreistigkeit.
Ich sah mich über alle Maßen in
meinem Bild das ich mir von diesem "Künstler" gemacht hatte,
bestätigt. Viel mehr noch: alles was ich bisher über Butzer erfahren
hatte, erhielt noch mal eine zugespitzte Bedeutung. Sein
Kasperletheater provozierte regelrecht eine ehrliche Meinung, die er
gleich erhalten würde. Und damit er sie auch verstehen konnte, hatte
ich sie extra für ihn in "seiner" Sprache formuliert.
Frau
Inboden erteilte dem Publikum das Wort. Niemand zeigte Interesse.
Ich nahm die Gelegenheit wahr und ging Richtung Mikrofon:
Der Kunstkritiker Prof. Karl-Heinz Mühler schrieb
im Vorwort zu seinem neuen Katalog:
"André Butzler ist der wichtigste Maler
seiner Generation. Niemand versteht es so pastos, so schonungslos,
so hemmungslos tierische Exkremente auf einer Leinwand auszubreiten.
Das ist das Erfolgsgeheimnis des Shootingstars." Würden Sie dem
zustimmen?
Butzer: Äh!? Ja, äh... (Lachen im Publikum) Wer hat
das geschrieben?
Karl-Heinz Mühler.
Butzer: Wie
nochmal?
Karl-Heinz Mühler.
Butzer (murmelnd): Den werde
ich mir merken.
Sie machen auch Musik...
Butzer (hastig
antwortend): Nee, äh, das war früher, jetzt nicht mehr.
Aber
Sie verbinden das Malen mit der Musik?
Butzer: Ähh...
Hören Sie die Musik von Daniel Küblböck beim Malen?
Butzer: Äh,
nee, ich hör' keine Musik beim Malen.
Aber Sie schreiben
Gedichte?
Butzer (erfreut): Ja das mache ich!
Die sind übrigens wunderschön.
Butzer grinst freudig und schien sich in
Sicherheit zu wiegen.
Also ich habe auch ein Gedicht
geschrieben.
Butzer (nun fast entspannt und noch erfreuter): Ah,
wie süß!
Todall besoffen bist du nicht,
Warum kotzt du mir
ins Gesicht!?
Weil kommst du aus Oehlens Stall?
- Für mich ist
das doch scheißegal!
Von Holst nimmt dich in "Heißundkalt"
Für
mich ist das nur scheißegal!
Ob groß, ob klein, ob kalt, ob
heiß,
Jeder Scheiß hat seinen Preis.
Trotz Hetzler, Ahrens, "Isotrot",
Für mich bleibst du ein Voll$$$$$!
Kurzes schockiertes Schweigen im Saal, danach
belebter Applaus; Butzer klatscht übermäßig erfreut.
Prof. Dr.
Inboden (übermäßig begeistert): "Ja, das ist ja eine richtige
Hommage! Ja, toll, ja vielen Dank! Das war wohl das
Schlusswort."
Applaus. Publikum bleibt sitzen; erwartungsvolles
Schweigen.
Prof. Dr. Inboden (einige Zeit später): "So das war's.
Mehr ist nicht zu sagen. Das war das Schlusswort."
***
Nachwort (
Januar 2005 ):
Seit Fertigstellung dieses Artikels ist nun ein
halbes Jahr vergangen...
Butzers Kinderwagen, im Gepäck
Puppenkiste und Künstlerei, wird Vetterlich weitergeschoben. Er
bekam eine große Ausstellung im Kunstverein Heilbronn und bald wird
er das "Massenpublikum" im Kunstverein Ulm
beglücken...
Fortsetzung folgt...
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