Reconstructing a Performance

Performance

DAS GEHEIMNIS SEINES ERFOLGS oder: Was passierte wirklich in der Staatsgalerie Stuttgart?  

Meine Begegnung mit André Butzer bei der Ausstellung "HeissKalt", Mai 2004

"Der Abdruck dieses Schriftstücks wird manchen Lesern an dieser Stelle nicht unwillkommen sein; es gibt eine authentische Vorstellung von dem Ideenkreis, den Tendenzen und Streitfragen, welche die zeitgenössischen Maler bewegt. Am Schluss der einleitenden Darlegungen über das kulturelle Leben in Stuttgart und die Bewegungen im künstlerischen Schaffen Deutschlands, gibt der Verfasser hier eine reizvolle Zusammenfassung in Form eines Gesprächs, wie es zu dieser Zeit bei literarischen Behandlungen künstlerischer Fragen besonders beliebt ist. Wer etwa die italienischen Kunstdialoge des sechzenten und siebzenten Jahrhunderts kennt, wird diesen Text mit größtem Genuss lesen - es ist einer der köstlichsten Früchte lebendiger Geschichts-Vorstellung."(Zitiert nach: Carl Justi: Velazquez, Leben und Werk, 1888) 

Erste Reaktionen nach meiner Begegnung mit André Butzer:

"Dein Auftritt in der Staatsgalerie hat mir völlig aus der Seele gesprochen und auch dein Gedicht hat mir sehr gut gefallen. Man muss denen zeigen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen!" (Kunststudentin aus Stuttgart)"Das war wirklich mutig von dir. Das musste mal gesagt werden." (Mitarbeiterin der Staatsgalerie Stuttgart) "Vielen Dank, für Ihren Auftritt. Der hat mir aus der Seele gesprochen. Das musste mal gesagt werden. Diese Selbstdarstellung von André Butzer ist unerträglich. Ich habe das Gefühl, als wären die Studenten heutzutage viel zu angepasst. Als ich studiert habe, war das noch nicht so. Ihr Auftritt hat mir sehr gut gefallen. Weiter so!" (Dame aus dem Publikum)"Ich konnte kaum glauben, dass du das gesagt hast! Klasse! Endlich wurde mal ausgesprochen, was alle gedacht haben!" (Künstler und ehemaliger Student der Kunstakademie)"Das war so peinlich für uns! Dein Auftritt wirft ein schlechtes Licht auf uns!" (Gruppe von Studentinnen aus meiner ehemaligen Klasse der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart)"Nachdem die ersten Emotionen nach dem Künstlertreffen etwas abgeklungen sind, glaube ich doch, dass es, alles in allem, ein gelungenes Künstlergespräch war. Ich glaube, dass der André Butzer gar nicht so dumm ist, wie er tut. Ich glaube, er ist eigentlich sehr intelligent und nimmt mit Absicht diese antiintellektuelle Haltung ein." (Prof. Dr. Huber - an die Teilnehmer des Kunstgeschichte-Seminars 'Paint it Black' gerichtet)"So was würde ich mir nicht noch einmal erlauben, sonst sind Sie bei den Leuten unten durch. Einmal, höchstens zweimal, aber ein drittes Mal darf man sich so etwas nicht mehr erlauben." (Herr Huber - mit mir unter vier Augen) 

TEIL I

Drei Wochen zuvor am 26. April, 22.58 Uhr. In meinem Postfach eine eMail von Herrn Huber, Professor für Kunstgeschichte:Liebe teilnehmerinnen des Proseminars 'Paint it Black'[...] am freitag, den 30. april um 20h findet im kunstverein Heilbronn (www.kunstverein-heilbronn.de) eine ausstellungseröffnung von André butzer, einem jungen shooting-Star der Malereiszene, der auch in der sammlung scharpff vertreten ist. [...] Am Donnerstag, den 6. Mai um 18.30h ist dann wiederum in der Staatsgalerie ein Künstlergespräch mit André Butzer[...] Mit herzlichsten Grüssen Hans Dieter Huber Butzer? Butzer. Ach ja, diesen Namen habe ich doch schon mal irgendwo gehört, aber wo? Genau! In der Staatsgalerie Stuttgart! In dieser "Jahrhundert"-Ausstellung 'HeissKalt'. Ein oder zwei Bildchen hingen dort von ihm.

***

Einige Tage später, bei einem zufälligen Treffen mit dem immer freundlichen und gut gelaunten Professor Huber wurde ich von ihm in ein Gespräch über Butzer verwickelt. Ich musste gestehen, dass ich Butzer völlig uninteressant fände, worauf der Kunsthistoriker mir erstaunt, aber doch bestimmt erklärte: "Als ich ihn das erste Mal sah, dachte ich auch: 'Öh, häh?! Was ist denn das?!' Aber ich habe dann das Werk angeschaut und ja - nach einem halben Jahr, malerische Qualitäten entdeckt..." Und ja, das Thema Butzer ist wie schlechtes Essen - es kommt immer wieder hoch, so auch in der nächsten Seminarstunde. Der Professor für Kunstgeschichte plauderte wieder ein wenig mit uns Studenten: " André Butzer, das ist DER Shootingstar am Kunsthimmel! Ich glaub' er ist erst 26 Jahre alt oder so. Er wird jetzt als DAS neue Genie gehandelt! Man kann gar keine Bilder mehr von ihm bekommen, die sind alle schon auf Jahre ausverkauft!" Ja, nach solchen lobpreisenden Worten wurde meine Neugier und ein Hauch professionellen Neids dann doch geweckt. Zu Hause begann ich sofort mit meinen Recherchen. Im Internet fand ich die ersten Informationen. Und gleich am Anfang schon die erste Enttäuschung: Seine Biographie. Schade, die erste Information aus dem Kunstgeschichtsseminar war wohl nicht ganz richtig. Der aufgehende " Stern" war gar nicht so jung, sondern immerhin Jahrgang '73. Er wurde in Stuttgart geboren, studierte ein Jahr auf der 'Merz Akademie'. Er ging dann noch im selben Jahr nach Hamburg, in die "Sternenfabrik" - 'Hochschule für Bildende Künste'. Zusammen mit einigen anderen "Künstlern" ähnlichen Kalibers, organisierte Butzer nur ein Jahr später die Gruppe 'Isotrop', die sich auch anmaßend als Akademie bezeichnete. Die Hauptbeschäftigung der "Akademiker" bestand darin, viel Lärm um ihre eigene Person zu machen. Also viel Lärm um nichts. 1999 ging diese "revolutionäre" Akademie unter - viele ihrer Mitglieder jedoch stiegen auf...

Und nun zu Butzers KünstlereiFür den einfachen Betrachter bietet Butzer sprachliche Hilfestellungen. Die Titelgebung ist also erschütternd passend, wie es sich für ein Genie gehört:" HuHu-Frauen", "Blumm Blumm-Serie", "Todall" - die anderen "Tralalas" möchte ich hier nicht alle aufzählen. Zusätzlich schreibt das Multitalent aber auch noch Texte und Gedichte mit Titeln wie "Heckel und seine drei Scheißhaufen", "Weezer in Annaheim" oder "Hasengulasche". Leider kam ich nicht in den vollen Genuss alle Texte zu lesen, da einige dieser Seiten sich merkwürdigerweise nicht aufrufen ließen.Ich sehe mich kaum in der Lage in eigene Worte zu fassen, was ich sehe - das ist nur etwas für äußerst erfahrene Kunstkritiker und -spezialisten. Trotzdem werde ich es versuchen: Große Bilder. Traurige grüne Tannenbäumchen, daneben rote Häusle - ebenfalls traurig. Aha, ich verstehe, der Künstler wollte damit wohl zeigen, dass Ziegel rot, Tannenbäumchen aber grün sind. Weiter gibt es auch pfannkuchenähnliche Figuren mit Pfannkuchenaugen, die dem Betrachter geradewegs in die Tiefe der Seele zu blicken scheinen. Dann gibt es auch eine Art Skelettwesen, die traurig und böse sind, denn sie haben keine Genialien - logischerweise. Manch andere dagegen sehen sehr froh aus, weil sie überproportional große Genialien haben (fragt sich nur was der Maler mit dieser ganzen Genialien-Malerei kompensieren will). Ach! Man kann Butzers Künstlerei eigentlich nicht beschreiben, man muss sie gesehen haben! Das wahrlich stolze Ausstellungsverzeichnis war im Gegensatz zum "Oeuvre" überzeugender und ließ keine Langeweile aufkommen: Tatsächlich hatte der "Shootingstar" bereits zahlreiche Präsentationen (mit bescheidenen Titeln, wie z.B. "Ich bin Munch") gehabt. Diese eindrucksvolle Liste schien seinen Anspruch auf Genitalität zu bestätigen. Seine künstlerische Karriere war beispielhaft, der Aufenthalt in Hamburg hatte Früchte getragen! Butzer hatte einige weniger wichtige Ausstellungen, z.B. in einem Studentenclub in der amerikanischen Provinz. In den letzten Jahren hatte er sich aber zu den wirklich renommierten Galerien wie 'H&A' (Hammelehle und Ahrens) oder dem Stargaleristen Hetzler aus Berlin vorgearbeitet. Dank einer gut funktionierenden Vernetzung von Galeristen konnte er sich eine lange Liste von wichtigen Ausstellungen anschaffen. Diese namhaften Galeristen besorgten dann auch die nötige Presse. Hetzler besorgte sogar einen Artikel in der Zeitschrift 'Art in America'. Auch anderswo versuchte man dem Leser einzuhämmern, dass dies eine " hochqualitative" Kunst sei.Sensationell! Deutschland hat einen neuen Superstar! Den "Küblböck der Kunst". Aber von wem wird dieses Talent noch gefördert, außer von den Galeristen? Wer steht eigentlich hinter diesem "Küblböck"? Wer gießt liebevoll dieses zarte Pflänzchen, so dass es in seiner vollen Pracht erblühen und überall seinen Samen versprühen konnte? Wer ist hier der "Dieter Bohlen"? Nach einigen Recherchen war die Antwort gefunden: Albert Oehlen! (Sorry wegen dem zufälligen Reim) Butzer ist Freund und quasi Ziehsohn von Albert Oehlen. Von den Gebrüdern Oehlen wurde er gut betreut. Mit ihnen hatte er gemeinsame Ausstellungsprojekte, mit Albert Oehlen nahm er Liedchen auf oder führte hochintellektuelle, tiefsinnige Gespräche.

Hier ein Auszug aus einem gemeinsamen Gespräch zwischen Albert und unserem André:Ö : Also soll das heißen, dass die Menschheit sich deine Bilder ans Bein schmieren kann. So eine Art Leck-mich-am-Arsch-Haltung. Damit kommst du aber nicht weit, hör mal! Irgendwann willst du zurück in die menschliche Gemeinschaft, wegen ihrer Wärme.B: Nein, ich bin aus der Zukunft gekommen, so wie die Kinder aus der Zukunft gekommen sind. Dort habe ich die Reste studiert und aufgezeichnet. Es sind die schönsten Reste, die ich für das Publikum von heute mitgebracht habe, und die ich dann wie reizende Schablonen ausmale. [...]B: Das Publikum ist schön blöd, eigentlich wollten sie sich für Skulpturen interessieren, aber die Malerei ist dazwischen gekommen. [...]B: Ich habe Besuchern vor der Ausstellung Karotten in die Hand gegeben, um sie als Osterhasen und Nagetiere vor die Gemälde zu platzieren. In die Karotten haben wir vorher scharfe Rasierklingen reingemacht. Ich will ein Massenpublikum haben, keine Frage. [...]B: Ich habe ein ganzes Jahr für Rebellen irgendwo in Südamerika gemalt, aber nur abstrakt. Alle dachten, ich bin Meteorologe, aber für schlechtes Wetter. Das Goethe-Institut will mich wieder buchen. Der Häuptling der Rebellen wollte, dass ich ihn portraitiere. Nach sieben Tagen Modellstehen begann ein endlos langes Sterben des Mannes. Sein Dorf stellte sich selbst unter Quarantäne. Das Holz für ihre schönen Särge war weich geworden, durch die viele pastose Farbe, die ich für das Hinterteil des Häuptlings benötigt habe.(Das ganze Interview zu genießen auf http://www.wendy-gondeln.de/Texte_Wendy/interview_B-Oe.html)Welch' kühne Gedanken! Nun wusste ich genug. Es gab gar keinen Zweifel mehr an seiner Genitalität. Die erste Bekanntschaft mit diesem Genie gab mir Impulse für eine Auseinandersetzung auf einer hohen philosophischen Ebene. Wie das genau in der Praxis aussah, das werdet ihr am Ende dieser Erzählung erfahren.***

TEIL II

Maler Heute: André ButzerDas "Künstler"-Gespräch oder mein Treffen mit dem "Künstler"Der Schauplatz der Handlungen ist der Vortragssaal in der Staatsgalerie Stuttgart, es ist der 6. Mai 2004. Gesprächspartnerin ist Frau Prof. Dr. Inboden, Kuratorin der Ausstellung 'HeissKalt' und stellvertretende Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart. An den Wänden hängen zwei großformatige Bilder von Butzer und warten auf die Begegnung mit dem " Massenpublikum". Der Saal füllt sich nur langsam. Endlich. Der Hauptdarsteller erscheint, auffallend bescheiden gekleidet (das war dann aber auch die einzige Bescheidenheit seinerseits an diesem Abend). Frau Prof. Dr. Inboden und Butzer, der anscheinend ein verpacktes Bild bei sich hat, setzen sich.. 

Prof. Dr. Inboden: Sie haben ja im Moment sehr viel Erfolg, große Ausstellungen in den USA und auch anderswo. Haben sie keine Angst, dass der Erfolgsdruck, der auf Ihnen lastet, nicht zu groß werden könnte, so dass die Qualität Ihrer Bilder, äh, Ihrer Kunst darunter leiden könnte?Butzer: Nein, nö.Prof. Dr. Inboden (wohl etwas enttäuscht): Haben Sie also nicht...Butzer: Nö, ich mache im Jahr 40 Bilder und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

So begann also das "Künstler"-Gespräch... Ein Hauch von Langeweile ging im Saal umher. Ich beneidete schon meinen Sitznachbarn der gerade sein Buch aufschlug mit dem äußerst passenden Titel 'Wie man Geld macht'. Natürlich werde ich nicht das ganze Gepräch wiedergeben. Im Groben aber ging es um Bananenschalen auf denen man ausrutschen könnte, um 'Nasaheime' in denen die 'Friedens-Siemense' lebten und Siemensmitarbeiter mit denen Butzer zusammen seine Bilder produziert.Ich werde, im Gegensatz, zu Frau Prof. Dr. Inboden nicht näher darauf eingehen, sondern werde versuchen, so genau wie möglich, nur einige wirklich "interessante" Stellen der Konversation wiederzugeben.Nach etwa 45 Minuten der langweiligen Farce, beginnt Butzer das kleine Bildchen auszupacken und zeigt es dem Publikum:Hier eine Zeichnung nach meiner Erinnerung, die, so wurde mir bestätigt, gut den Charakter des Bildes trifft: ; -)Ein Lachen geht um. Die zwei anwesenden Fotografen, sich gegenseitig anrempelnd, stürmen zum Podium um einen besseren Blick zu bekommen - Butzer grinst schelmisch in die Kamera.Alles wartet.Prof. Dr. Inboden: Können Sie mir das Bild erklären?Butzer (sichtlich gut gelaunt): Ja, also da ist eine Katze, da ist ein Baum, da ist ein Mädchen und da ist ein Schandemensch, das sind die bösen Menschen.Prof. Dr. Inboden (euphorisch): Das ist wohl der Tod und das Mädchen!Butzer: Nö, äh, vielleicht. Das sind Interpretationen, die später immer von anderen dazu erfunden werden... Ach, ich wollte auch noch sagen, jeder kann auch gerne nach vorne kommen und sich das Bild genauer anschauen. Aber nicht alle auf einmal. Am besten in einer Reihe aufstellen. Das großzügige Angebot wurde zur großen Enttäuschung des Bildermachers nicht wahrgenommen. Niemand aus dem Publikum wollte zum Podium stürmen um einen intimen Blick auf das Meisterwerk zu bekommen. Und so ging's weiter:Prof. Dr. Inboden: Vielleicht können Sie auch noch die anderen Bilder hier im Raum erklären. Mir ist aufgefallen, dass die Figuren oft keine Kontur haben.Butzer (zeigt mit dem Finger auf die im Saal hängenden Bilder): Ja, diese Figur hat keine Kontur und diese hat eine.Prof. Dr. Inboden: Ach, interessant...Prof. Dr. Inboden versucht nochmal neu anzusetzen: Sie haben ja auch gesagt, "Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare."...Butzer: Nö, ist nicht von mir. Das hab` ich geklaut.Prof. Dr. Inboden: Also Sie tragen die Farbe ja immer sehr dick auf, fast wie, ähh, Kaugummi könnte man fast sagen. Also unsere Restauratorin hat gesagt, sie wisse gar nicht wie das gemacht ist, dass das hält. Äh, ist da Kaugummi drin oder äh...?Butzer: Ja, das sollte sie aber wissen, das ist ihre Aufgabe! Nein, da ist kein Kaugummi drin. Also man kann Farbe so aussehen lassen als ob das Kaugummi wäre.Prof. Dr. Inboden: Ähm, ich habe mich wohl falsch ausgedrückt... Wie lange trocknet das überhaupt?Butzer: Keine Ahnung. Ist nicht wichtig. Das entzieht sich unserem Einfluss, vielleicht 50 Jahre.Prof. Dr. Inboden: Sie sind ja in Stuttgart geboren. Ist das vielleicht der Grund dafür, dass Sie so kreativ sind?Butzer: Nein. Also das erste Mal, als ich mich für Kunst interessiert habe, war als ich in Hamburg war. Als ich in einem McDonalds saß und da hingen Bilder von diesem Typen... ach, wie heißt der nochmal... Ähh..., ach ja - Gerhard Richter.Prof. Dr.Inboden (lacht etwas gezwungen): Ach, ist ja interessant.Butzer (kann sich sein Grinsen kaum verkneifen): Ich finde man sollte in der Staatsgalerie einen McDonalds eröffnen. Ich sehe keinen Grund, warum man das nicht tun sollte. Das macht ja die Bilder nicht schlechter...Hier erreichte das Gespräch den Gipfel an Dreistigkeit.Ich sah mich über alle Maßen in meinem Bild das ich mir von diesem "Künstler" gemacht hatte, bestätigt. Viel mehr noch: alles was ich bisher über Butzer erfahren hatte, erhielt noch mal eine zugespitzte Bedeutung. Sein Kasperletheater provozierte regelrecht eine ehrliche Meinung, die er gleich erhalten würde. Und damit er sie auch verstehen konnte, hatte ich sie extra für ihn in "seiner" Sprache formuliert.Frau Inboden erteilte dem Publikum das Wort. Niemand zeigte Interesse. Ich nahm die Gelegenheit wahr und ging Richtung Mikrofon:Der Kunstkritiker Prof. Karl-Heinz Mühler schrieb im Vorwort zu seinem neuen Katalog:"André Butzler ist der wichtigste Maler seiner Generation. Niemand versteht es so pastos, so schonungslos, so hemmungslos tierische Exkremente auf einer Leinwand auszubreiten. Das ist das Erfolgsgeheimnis des Shootingstars." Würden Sie dem zustimmen?Butzer: Äh!? Ja, äh... (Lachen im Publikum) Wer hat das geschrieben?Karl-Heinz Mühler.Butzer: Wie nochmal?Karl-Heinz Mühler.Butzer (murmelnd): Den werde ich mir merken.Sie machen auch Musik...Butzer (hastig antwortend): Nee, äh, das war früher, jetzt nicht mehr.Aber Sie verbinden das Malen mit der Musik?Butzer: Ähh...Hören Sie die Musik von Daniel Küblböck beim Malen?Butzer: Äh, nee, ich hör' keine Musik beim Malen.Aber Sie schreiben Gedichte?Butzer (erfreut): Ja das mache ich!Die sind übrigens wunderschön.Butzer grinst freudig und schien sich in Sicherheit zu wiegen.Also ich habe auch ein Gedicht geschrieben.Butzer (nun fast entspannt und noch erfreuter): Ah, wie süß!Todall besoffen bist du nicht,Warum kotzt du mir ins Gesicht!?Weil kommst du aus Oehlens Stall?- Für mich ist das doch scheißegal!Von Holst nimmt dich in "Heißundkalt"Für mich ist das nur scheißegal!Ob groß, ob klein, ob kalt, ob heiß,Jeder Scheiß hat seinen Preis.Trotz Hetzler, Ahrens, "Isotrot",Für mich bleibst du ein Voll$$$$$!

Rekonstruktion der Performance im Museum für Moderne Kunst Wien

Kurzes schockiertes Schweigen im Saal, danach belebter Applaus; Butzer klatscht übermäßig erfreut.Prof. Dr. Inboden (übermäßig begeistert): "Ja, das ist ja eine richtige Hommage! Ja, toll, ja vielen Dank! Das war wohl das Schlusswort."Applaus. Publikum bleibt sitzen; erwartungsvolles Schweigen.Prof. Dr. Inboden (einige Zeit später): "So das war's. Mehr ist nicht zu sagen. Das war das Schlusswort." 

***Nachwort ( Januar 2005 ):Seit Fertigstellung dieses Artikels ist nun ein halbes Jahr vergangen...Butzers Kinderwagen, im Gepäck Puppenkiste und Künstlerei, wird Vetterlich weitergeschoben. Er bekam eine große Ausstellung im Kunstverein Heilbronn und bald wird er das "Massenpublikum" im Kunstverein Ulm beglücken...

Fortsetzung folgt...